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Im Roman von Jeffrey Eugenides wird die Geschichte einer griechischstämmigen Einwandererfamilie über drei Generationen erzäht. Das Ungewöhnliche an der Geschichte ist der Erzähler Cal Stephanides, ein Hermaphrodit.

Ausgangspunkt der Erzählung ist das Dorf Bithynios in Kleinasien, wo die Geschwister Desdemona und Lefty Stephanides wohnen. Durch den Krieg zwischen Griechen und Türken werden sie gezwungen ihre Heimat zu verlassen und wandern nach Amerika aus. Auf der Schiffsreise in die neue Heimat heiraten die beiden und schaffen dadurch die Voraussetzung für die nachfolgenden Geschehnisse. Desdemona lebt ihr ganzes Leben in der Angst, dass sich ihre Heirat negativ auf ihre Nachkommen auswirken könnte, da sie einige der alten Geschichten kennt, die von Inzucht innerhalb des Dorfes handeln und von den seltsamen Babies, die aus solchen Beziehungen entstehen. Doch ihre beiden Kinder Milton und Zoe entwickeln sich ganz normal.

Der intersexuelle Erzähler

Die Geschichte von Middlesex wird von Calliope Stephanides der Tochter von Desdemonas Sohn Milton erzählt. Cal erfährt die Lebensgeschichte seiner Großmutter, als diese erkennen muss, dass er zwar als Mädchen aufgezogen wurde, aber als Mann weiterleben wird. Ihre Befürchtungen haben sich doch noch bewahrheitet, Cal wurde als Hermaphrodit geboren.
"You`re a boy now Calliope?"
"More or less."
"My mother she use to tell me something funny", she said. "In the village, long time ago, they use to have sometimes babies who were looking like girls. Then – fifteen, sixteen – they are looking like boys!" (…) "It`s all my fault."
Am Ende des Buches bekommt Cal von Desdemona den Auftrag, die Geschichte zu erzählen.
"When i die, you can tell everything."

Autobiografische Ansätze

Jeffrey EugenidesDie ganze Rahmenhandlung weist Übereinstimmungen mit dem Leben von Jeffrey Eugenides auf. Auch seine Vorfahren stammen teilweise aus Kleinasien ab. Er wurde 1960 in Detroit geboren. Außerdem lebt er seit drei Jahren in Berlin und ist mit einer asiatisch-amerikanischen Frau verheiratet. Cal ist zum Zeitpunkt seiner Erzählung schon 41 Jahre alt und lebt als erwachsener Mann in Berlin, wo er gerade eine asiatischstämmige Frau kennen gelernt hat, mit der er gerne sein Leben verbringen würde.

Familiengeschichte oder Biografie?

Interessant an Middlesex ist, dass die Handlungsstränge sehr geschickt miteinander verknüpft sind. Einerseits stellt der Roman die Geschichte einer Einwandererfamilie dar. Desdemona hat ihr ganzes Leben Schwierigkeiten sich an ein amerikanisches Leben zu gewöhnen. Die Familie Stephanides ist bis in die dritte Generation noch Teil der griechisch-orthodoxen Community, obwohl schon die zweite Generation nicht mehr richtig griechisch sprechen und schreiben kann. Andererseits ist es auch die Geschichte von Cal Stephanides, seinem Leben als das Mädchen Calliope, die Erkenntnis das irgendetwas mit ihm nicht stimmt und schließlich die Gewissheit, dass er mehr männliche als weibliche Geschlechtsmerkmale hat. Anfangs sieht Cal sich dadurch als eine Art Monster, lernt aber sich so zu akzeptieren wie er ist.

Resümee

Ich hatte den Roman schon einige Zeit auf meinem Büchertisch liegen, bevor ich ihn zu lesen begann. Ich gebe zu, so umfangreiche Bücher machen mir ein bisschen Angst. Ich denke da immer an die Buddenbrooks oder Der Mann ohne Eigenschaften, die ich beide nie fertiggelesen habe. Aber sobald ich mit Middlesex begonnen hatte war ich beruhigt. In diesem Roman ist jede der 530 Seiten der englischen Taschenbuchausgabe ein Lesevergnügen. Die Ereignisse werden mit viel Charme und Humor beschrieben, das Buch ist keinen Moment langweilig. Kann man wirklich nur weiterempfehlen.

Middlesex ist auch in einer deutschsprachigen Ausgabe im Rowohlt Verlag erschienen, ebenso wie Eugenides Erstlingswerk The Virgin Suicides (Die Selbstmord-Schwestern). Jeffrey Eugenides hat für Middlesex den Pulitzer Preis für Literatur bekommen.