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Sollte man ein Buch nur wegen seiner sprachlichen Perfektion lesen? Bei The Line of Beauty von Alan Hollinghurst durchaus zu empfehlen.

Zugegeben, ich habe wirklich lange daran gelesen. Das ist allerdings kein Wunder, da es sich um einen 500 Seiten Schmöker handelt, der inhaltlich für mich keine hochinteressanten Themen anschneidet. Ganz zur Seite legen konnte ich das Buch allerdings auch nicht, da es so schönes, britisches, perfektes Englisch bietet.

Nicht zu Unrecht hat Alan Hollinghurst dafür den Man Booker Prize 2004 erhalten. Und es war keineswegs das erste Mal, dass er literarische Aufmerksamkeit erregte. Schon 1993 wurde er vom Granta Magazine zu einem der "Best Young British Novelists" gewählt. Ein Jahr später erfolgte seine erste Booker Prize Nominierung. 2004 war es dann soweit, Hollinghurst konnte sich gegen namhafte Konkurrenz durchsetzen. Noch dazu mit einem Roman, der sich mit homosexueller Thematik beschäftigt.

Reich und schön

Alan HollinghurstThe Line of Beauty beginnt im Jahr 1983. Im Zentrum des Buches steht der zwanzigjährige Nick Guest. Er kommt aus gutbürgerlichen Verhältnissen, bekommt aber durch einen Freund die Möglichkeit am Leben der besseren britischen Gesellschaft teilzuhaben. So lernt er die Welt der Reichen und Schönen kennen. Er wohnt als Untermieter in einer der besten Gegenden Londons, im Haus Gerald Feddens, einem Politiker aus dem Thatcher Umfeld. Dort gehört er praktisch zur Familie, da er mit dem Sohn des Hauses Oxford besucht hatte. Aus seinen erwachenden homosexuellen Neigungen macht er ein offenes Geheimnis, er verleugnet sie zwar nicht, versucht aber die Feddens möglichst wenig damit zu konfrontieren.

Ein paar Jahre später ist Margaret Thatcher am Höhepunkt ihrer Macht und Nick am Beginn seiner Beziehung zu einem schönen und reichen Mann. Nicks gesellschaftliche Anerkennung erreicht ihren Zenit, als er auf einer Party mit der First Lady persönlich tanzt. Auch geschäftlich geht es aufwärts, da er selbst etwas Geld zum Wirtschaften erhält. Doch er hat auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Durch den Ausbruch von Aids werden die Homosexuellen auch verstärkt das Ziel von Intrigen der Thatcher-Politik.

Der schöne Schein

Hollinghurst bietet in dem Roman Einblick in die Scheinwelt von Englands besserer Gesellschaft. Dazu gehört der Umgang mit Leuten, der nur aufgrund politischer Vorteile gepflegt wird, verborgene Liebschaften, bezahlte Bräute für den schwulen Sohn, Töchter mit manischen Depressionen und der Konsum von Kokain. Da wir gerade vom Koksen sprechen – drei mal darf geraten werden was The Line of Beauty in diesem Zusammenhang bedeutet. Sehr sympathisch ist übrigens auch der Einstieg in den Roman: Einige Zeilen von Alice’s Adventures in Wonderland.

Hollinghurst hatte seinen ersten großen Erfolg mit The Swimming-Pool Library, welches wie alle seiner Bücher homosexuelle Thematik anschneidet. Er hatte den Eindruck, dass die negative Haltung Thatchers Schwulen gegenüber sogar zum Erfolg des Romanes beigetragen hat, da es eines der Bücher war, die dadurch verstärkt in den Medien besprochen wurden. Für die Zukunft hofft er allerdings nicht ausschließlich in diese Schublade gesteckt zu werden. "I have always tried to write books from a gay viewpoint and with their gayness as given. And I use that to write about all sorts of things in life." (bbc.co.uk)

Durch den Man Booker Prize wird The Line Of Beauty wahrscheinlich verstärkt vom Mainstream-Publikum angenommen. Die deutsche Fassung ist für Herbst 2005 geplant. Allerdings kann ich mir eine adäquate Übersetzung in diesem Fall absolut nicht vorstellen.

The line of beauty - Alan Hollinghurstwww.advocate.com
www.taz.de
www.buchkritik.at
www.justbegay.de
wasix meinte am Mär 14, 20:23:
booker prize
du hast offensichtlich eine schwäche für booker prize-gewinner. ist ja nicht das erste mal, oder? war da eigentlich auch schon mal etwas (deiner meinung nach) mieses dabei? 
srocca antwortete am Mär 20, 15:44:
Ich kenne nicht alle Bücher der Booker-Prize Gewinner, aber es sind sehr viele Autoren dabei, die inzwischen ziemlich bekannt sind. J.M. Coetzee hat beispielsweise zweimal den Booker-Prize bekommen, das war vor seinem Literaturnobelpreis. Eine Auflistung der Gewinner findest Du unter: powells.com. Da sind sehr empfehlenswerte Bücher dabei, wie James Kelman's How late it was, how late oder Graham Swift's Last Orders