Solche Ankündigungen wecken hohe Erwartungen. Kann der Debutroman Well von Matthew McIntosh, der eigentlich kein Roman im klassischen Sinn ist, diese auch erfüllen?
Einige typische Merkmale des Romans sucht man in Well vergeblich. Das Werk hat keine durchgehende Handlung, keinen Akteur, der die Handlungsteile verbindet, sondern beschäftigt sich mit einzelnen Episoden aus dem Leben unterschiedlicher Menschen, großteils aus den unteren sozialen Schichten. Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass sie alle mit ihren derzeitigen Lebensumständen nicht zufrieden sind. Andererseits fehlt ihnen aber auch die nötige Motivation oder die Möglichkeit etwas daran zu ändern.
It’s taking so damn long to get here
Das Buch handelt von mehr oder weniger verzweifelten Menschen, die auf der Suche sind. Ein erfolgloser Boxer träumt vom großen Durchbruch, den er nie erreichen wird. Ein Amerikaner will wieder nach Asien, seine asiatische Ehefrau hat ihn aber nur geheiratet um nach Amerika zu gelangen. Ein schwuler Barkeeper sehnt sich nach der großen Liebe, verliert aber stattdessen seinen Job. Ein Jugendlicher verehrt ein Mädchen. Nachdem er erfährt, dass sie nichts von ihm wissen will, beginnt er sie zu verfolgen. Ein Mann ermordet zunächst seine Familie und startet einen Amoklauf quer durch die Stadt, bis er von einem Scharfschützen getötet wird. Dem könnte man noch viele Episoden hinzufügen. Von jeder handelnden Person des Romans erfährt man einen Ausschnitt aus dessem Leben. Alle kämpfen mit Problemen, die sie nicht lösen können.
Looking out for your own
Das Lesen dieses Romans fühlt sich ein bisschen an, als ob man inmitten einer Menschenmenge steht, in der jeder die tragischen Momente seines Leben preisgibt. Manchmal erfährt man zwar von glücklicheren Zeiten, diese gehören aber der Vergangenheit an. Widrige Lebensumstände haben aus den Figuren des Romans unglückliche Menschen gemacht. Selbst wenn jemand sich kurz besser fühlt, wird er wieder unsanft auf den Boden der Realität zurückgeholt.
It’s taking so damn long to get here (I): "Anyway, i guess I was staring up at the skylight - I must have been doing this for a long time - and remember, I’m happy, I really am, I’m having a good day up to this point - and the little thing ringing me up, she all of a sudden stops what she’s doing, and she takes hold of my arm, and she says, Ma'am, are you all right? Do you need me to call someone?"
All is well
Well ist ein erstaunliches Debut. Der Roman hält sich an keine formalen Regeln und enthält keine ansprechenden Charaktere, die den Leser durch das Buch begleiten. Trotzdem hat man das Gefühl einer einheitlichen Handlung. Mir ist bis jetzt nicht klar warum. Das einzige verbindende Element ist die Verzweiflung der handelnden Personen. Möglicherweise liegt es aber an dem sprachlichen Können des Autors, der präzise - oft auf nur einer Buchseite - die Eigenheit einer Person erfasst und damit den Leser zu fesseln versteht. Obwohl ich mir manchmal gewünscht hätte, mehr über einzelne Akteure zu erfahren. Das war aber möglicherweise nicht Ziel des Autors: "I wanted to write about what it’s like for a variety of people living today in this time, in this country, and in order to do that I had to forget about myself and look around at other people to tell those stories. How do they feel?"
Auf jeden Fall ist es Matthew McIntosh gelungen, auf seinen Roman aufmerksam zu machen. Well wurde bereits in mehrere Sprachen übersetzt. Auch der deutsche Verlag Kiepenheuer & Witsch hat Interesse bekundet. Nachdem es unmöglich ist, diesem Werk durch Beschreibung allein gerecht zu werden, zum Abschluss noch eine meiner Lieblingzeilen aus dem Kapitel Vitality. Es handelt von einem Mann, der nach einem Sprung ins Swimmingpool, bei dem er mit dem Kopf den Boden berührt unter jahrelangen, unerklärlichen Kopfschmerzen leidet.
"He held his pain and kissed it and stroked it, he told it he loved it more then anything, he loved ist vitality, and begged it to leave.
And many years later, when it went away, many years later
he would find
he would find that he missed it."
Weitere Infos:
www.bookmunch.co.uk
www.wellbook.com
www.readysteadybook.com
www.bookpage.com
Einige typische Merkmale des Romans sucht man in Well vergeblich. Das Werk hat keine durchgehende Handlung, keinen Akteur, der die Handlungsteile verbindet, sondern beschäftigt sich mit einzelnen Episoden aus dem Leben unterschiedlicher Menschen, großteils aus den unteren sozialen Schichten. Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass sie alle mit ihren derzeitigen Lebensumständen nicht zufrieden sind. Andererseits fehlt ihnen aber auch die nötige Motivation oder die Möglichkeit etwas daran zu ändern.
It’s taking so damn long to get here
Das Buch handelt von mehr oder weniger verzweifelten Menschen, die auf der Suche sind. Ein erfolgloser Boxer träumt vom großen Durchbruch, den er nie erreichen wird. Ein Amerikaner will wieder nach Asien, seine asiatische Ehefrau hat ihn aber nur geheiratet um nach Amerika zu gelangen. Ein schwuler Barkeeper sehnt sich nach der großen Liebe, verliert aber stattdessen seinen Job. Ein Jugendlicher verehrt ein Mädchen. Nachdem er erfährt, dass sie nichts von ihm wissen will, beginnt er sie zu verfolgen. Ein Mann ermordet zunächst seine Familie und startet einen Amoklauf quer durch die Stadt, bis er von einem Scharfschützen getötet wird. Dem könnte man noch viele Episoden hinzufügen. Von jeder handelnden Person des Romans erfährt man einen Ausschnitt aus dessem Leben. Alle kämpfen mit Problemen, die sie nicht lösen können.
Looking out for your own
Das Lesen dieses Romans fühlt sich ein bisschen an, als ob man inmitten einer Menschenmenge steht, in der jeder die tragischen Momente seines Leben preisgibt. Manchmal erfährt man zwar von glücklicheren Zeiten, diese gehören aber der Vergangenheit an. Widrige Lebensumstände haben aus den Figuren des Romans unglückliche Menschen gemacht. Selbst wenn jemand sich kurz besser fühlt, wird er wieder unsanft auf den Boden der Realität zurückgeholt.
It’s taking so damn long to get here (I): "Anyway, i guess I was staring up at the skylight - I must have been doing this for a long time - and remember, I’m happy, I really am, I’m having a good day up to this point - and the little thing ringing me up, she all of a sudden stops what she’s doing, and she takes hold of my arm, and she says, Ma'am, are you all right? Do you need me to call someone?"
All is well
Well ist ein erstaunliches Debut. Der Roman hält sich an keine formalen Regeln und enthält keine ansprechenden Charaktere, die den Leser durch das Buch begleiten. Trotzdem hat man das Gefühl einer einheitlichen Handlung. Mir ist bis jetzt nicht klar warum. Das einzige verbindende Element ist die Verzweiflung der handelnden Personen. Möglicherweise liegt es aber an dem sprachlichen Können des Autors, der präzise - oft auf nur einer Buchseite - die Eigenheit einer Person erfasst und damit den Leser zu fesseln versteht. Obwohl ich mir manchmal gewünscht hätte, mehr über einzelne Akteure zu erfahren. Das war aber möglicherweise nicht Ziel des Autors: "I wanted to write about what it’s like for a variety of people living today in this time, in this country, and in order to do that I had to forget about myself and look around at other people to tell those stories. How do they feel?"
Auf jeden Fall ist es Matthew McIntosh gelungen, auf seinen Roman aufmerksam zu machen. Well wurde bereits in mehrere Sprachen übersetzt. Auch der deutsche Verlag Kiepenheuer & Witsch hat Interesse bekundet. Nachdem es unmöglich ist, diesem Werk durch Beschreibung allein gerecht zu werden, zum Abschluss noch eine meiner Lieblingzeilen aus dem Kapitel Vitality. Es handelt von einem Mann, der nach einem Sprung ins Swimmingpool, bei dem er mit dem Kopf den Boden berührt unter jahrelangen, unerklärlichen Kopfschmerzen leidet.
"He held his pain and kissed it and stroked it, he told it he loved it more then anything, he loved ist vitality, and begged it to leave.
And many years later, when it went away, many years later
he would find
he would find that he missed it."
Weitere Infos:
www.bookmunch.co.uk
www.wellbook.com
www.readysteadybook.com
www.bookpage.com
wasix meinte am Apr 17, 07:18:
oh well...
künstler, die etwas anderes probieren - fern herkömmlicher regeln - sind ohnehin die interessantesten. die meisten dieser ambitionen gehen zwar schief, wenn es allerdings mal funktioniert, dann hat man oftmals ein (kleines) meisterwerk vorliegen. egal ob nun bei filmen, in der musik oder - wie in diesem fall - bei einem buch (...oder wasweißichnochwo?). scheint jedenfalls die mühe wert gewesen zu sein...