Irvine Welsh war in Wien. Er las aus Porno im Rahmen des ersten Vienna Writers’ Festival. Das Ganze fand im Radiokulturhaus statt.
Natürlich trat nicht nur Irvine Welsh auf. Eine ganze Reihe mehr oder weniger namhafter Autoren wurden vom Österreichische P.E.N.-Club nach Wien geladen. Jährliche Fortsetzungen des Festivals, das sich vom 26. bis zum 30. April erstreckte, sollen folgen. Geleitet wurde das erste Vienna Writers' Festival von Michael March. Das Thema, das sich durch die Veranstaltung zog, war: "Casanova, der letzte Europäer".
Irvine Welsh trat am letzten Tag besagten Festivals auf. Als langjähriger Fan konnte ich mir das nicht entgehen lassen. Also kaufte ich mir eine Eintrittskarte. Das Programm bestand, wie an den vorangegangenen Tagen, aus einer Diskussion und einer anschließenden Lesung. Die Konversation stand unter dem Motto "Ich sah mich selbst im Wasser, als das Meer ruhig war", einem Satz von Casanova. Teilgenommen haben an diesem Abend Irvine Welsh, Ishmael Reed, Robert Stone und Michael Augustin. Moderiert wurde von Michael March. Dazu nur soviel: Ein Großteil der versammelten Autoren versuchte Weltuntergangsstimmung zu verbreiten. Obwohl die Annahme, dass in nicht allzulanger Zeit diejenigen, die es sich leisten können, unseren Planeten Richtung Weltraum verlassen, gar nicht so uninteressant ist.
Wie dem auch sei, der Beitrag zur Diskussion, der mir am deutlichsten im Gedächtnis geblieben ist, stammte natürlich von Irvine Welsh. Er erzählte über seine erste Begegnung mit Casanova. Diese fand im Fernsehen statt, in Form einer Produktion des BBC aus dem Jahr 1971. Er musste damals eine Sonderfernseherlaubnis von seinen Eltern erbetteln. Casanova wurde von Frank Finlay gespielt. Laut Welsh sah er in dieser Fernsehserie nackte, weibliche Brüste, was ihm zu einer sofortigen Erektion verhalf. Diese Anekdote würde Casanova wahrscheinlich begeistern, die mitdiskutierenden Autoren entlockte sie aber nur ein müdes Grinsen.
Die Lesung wurde schließlich von Zeruya Shalev eröffnet, die Teile ihres Romanes Liebesleben zunächst in Hebräisch, dann in Englisch vortrug. Anschließend gab Irvine Welsh Auszüge aus seinem Roman Porno zum Besten. Natürlich im schottischen Dialekt. Was seine Literatur für uns Österreicher schwer verständlich macht. Allerdings kann ich nur empfehlen, sich eine Zeit lang damit zu beschäftigen, denn sobald man den Code knackt, ist die verwendete Sprache durchaus verständlich und ausgesprochen amüsant. Dessen ist sich Welsh durchaus bewusst, so hat er auch in Wien einen Monolog von Begbie ausgewählt, der den allerbreitesten Dialekt spricht, denn "Standard English is useful for getting information across, but in terms of entertainment, it's not the funkiest language in the world." (Interview mit Irvine Welsh)
Bekannt wurde Welsh bei uns durch die Verfilmung seines Romans Trainspotting und hier schließt sich der Kreis, denn Porno ist die Fortsetzung dazu. Man kann in Erinnerung schwelgen. Die Figuren des Romans kennt man zum Großteil. Das liest sich wie ein Treffen mit guten, alten Bekannten. Worum es geht? Ich glaube, da spricht der Titel für sich selbst und er hält, was er verspricht. Pläne für eine Verfilmung gibt es natürlich auch schon. Der Regisseur Danny Boyle hat schon zugesagt. Er ist allerdings der Meinung, dass die ehemaligen Trainspotting-Schauspieler noch zu jung wirken. Deshalb würde er lieber erst in ungefähr fünf Jahren zu drehen beginnen (www.sltrib.com). Man darf gespannt sein. Vorerst muss man sich mit dem Buch begnügen. Das gibt es seit Ende 2002 in englischer Sprache, seit September 2004 auch als deutsches Taschenbuch.
Nachtrag vom 19.6.2005:
Bei dieser Veranstaltung habe ich Welshs Marabou Stork Nightmares erworben. Die Hauptfigur Roy Strang liegt in einer Art Koma im Krankenhaus. Der Leser erfährt von seinem Alpträumen, in die er entflieht, um der noch härteren Realität zu entfliehen. Ein Psycho-Lesetrip der besonderen Art. Ich bin wieder einmal restlos begeistert. Ich habe keine Ahnung warum mir dieses Buch bis dato entgangen ist - Welsh at his best.
Weitere Infos:
irvinewelsh.com
www.randomhouse.co.uk
books.guardian.co.uk
derstandard.at
Natürlich trat nicht nur Irvine Welsh auf. Eine ganze Reihe mehr oder weniger namhafter Autoren wurden vom Österreichische P.E.N.-Club nach Wien geladen. Jährliche Fortsetzungen des Festivals, das sich vom 26. bis zum 30. April erstreckte, sollen folgen. Geleitet wurde das erste Vienna Writers' Festival von Michael March. Das Thema, das sich durch die Veranstaltung zog, war: "Casanova, der letzte Europäer".
Irvine Welsh trat am letzten Tag besagten Festivals auf. Als langjähriger Fan konnte ich mir das nicht entgehen lassen. Also kaufte ich mir eine Eintrittskarte. Das Programm bestand, wie an den vorangegangenen Tagen, aus einer Diskussion und einer anschließenden Lesung. Die Konversation stand unter dem Motto "Ich sah mich selbst im Wasser, als das Meer ruhig war", einem Satz von Casanova. Teilgenommen haben an diesem Abend Irvine Welsh, Ishmael Reed, Robert Stone und Michael Augustin. Moderiert wurde von Michael March. Dazu nur soviel: Ein Großteil der versammelten Autoren versuchte Weltuntergangsstimmung zu verbreiten. Obwohl die Annahme, dass in nicht allzulanger Zeit diejenigen, die es sich leisten können, unseren Planeten Richtung Weltraum verlassen, gar nicht so uninteressant ist.
Wie dem auch sei, der Beitrag zur Diskussion, der mir am deutlichsten im Gedächtnis geblieben ist, stammte natürlich von Irvine Welsh. Er erzählte über seine erste Begegnung mit Casanova. Diese fand im Fernsehen statt, in Form einer Produktion des BBC aus dem Jahr 1971. Er musste damals eine Sonderfernseherlaubnis von seinen Eltern erbetteln. Casanova wurde von Frank Finlay gespielt. Laut Welsh sah er in dieser Fernsehserie nackte, weibliche Brüste, was ihm zu einer sofortigen Erektion verhalf. Diese Anekdote würde Casanova wahrscheinlich begeistern, die mitdiskutierenden Autoren entlockte sie aber nur ein müdes Grinsen.
Die Lesung wurde schließlich von Zeruya Shalev eröffnet, die Teile ihres Romanes Liebesleben zunächst in Hebräisch, dann in Englisch vortrug. Anschließend gab Irvine Welsh Auszüge aus seinem Roman Porno zum Besten. Natürlich im schottischen Dialekt. Was seine Literatur für uns Österreicher schwer verständlich macht. Allerdings kann ich nur empfehlen, sich eine Zeit lang damit zu beschäftigen, denn sobald man den Code knackt, ist die verwendete Sprache durchaus verständlich und ausgesprochen amüsant. Dessen ist sich Welsh durchaus bewusst, so hat er auch in Wien einen Monolog von Begbie ausgewählt, der den allerbreitesten Dialekt spricht, denn "Standard English is useful for getting information across, but in terms of entertainment, it's not the funkiest language in the world." (Interview mit Irvine Welsh)
Bekannt wurde Welsh bei uns durch die Verfilmung seines Romans Trainspotting und hier schließt sich der Kreis, denn Porno ist die Fortsetzung dazu. Man kann in Erinnerung schwelgen. Die Figuren des Romans kennt man zum Großteil. Das liest sich wie ein Treffen mit guten, alten Bekannten. Worum es geht? Ich glaube, da spricht der Titel für sich selbst und er hält, was er verspricht. Pläne für eine Verfilmung gibt es natürlich auch schon. Der Regisseur Danny Boyle hat schon zugesagt. Er ist allerdings der Meinung, dass die ehemaligen Trainspotting-Schauspieler noch zu jung wirken. Deshalb würde er lieber erst in ungefähr fünf Jahren zu drehen beginnen (www.sltrib.com). Man darf gespannt sein. Vorerst muss man sich mit dem Buch begnügen. Das gibt es seit Ende 2002 in englischer Sprache, seit September 2004 auch als deutsches Taschenbuch.
Nachtrag vom 19.6.2005:
Bei dieser Veranstaltung habe ich Welshs Marabou Stork Nightmares erworben. Die Hauptfigur Roy Strang liegt in einer Art Koma im Krankenhaus. Der Leser erfährt von seinem Alpträumen, in die er entflieht, um der noch härteren Realität zu entfliehen. Ein Psycho-Lesetrip der besonderen Art. Ich bin wieder einmal restlos begeistert. Ich habe keine Ahnung warum mir dieses Buch bis dato entgangen ist - Welsh at his best.
Weitere Infos:
irvinewelsh.com
www.randomhouse.co.uk
books.guardian.co.uk
derstandard.at
wasix meinte am Mai 5, 12:33:
"fuck off fuckin' fucker..."
wenn man bei seinen lesungen das wort "fuck" (inklusive aller variationen) herausstreichen würde, es bliebe nicht mehr viel übrig. nichtsdestotrotz - oder gerade deswegen - eine äußerst unterhaltsame performance. der mann kann das...
srocca antwortete am Mai 8, 15:13:
Fuck
hat eine ziemliche Tradition in der schottischen Literaturszene der jüngeren Vergangenheit. Bei James Kelmans How late it was, how late hat sich jemand angeblich sogar die Mühe gemacht die Verwendung dieses Wortes zu zählen.
wasix antwortete am Mai 14, 14:06:
Also, Prinzessin Di hat auch schon mal besser ausgesehen...
zwei wochen danach endlich ein interview mit irvine welsh auf [diepresse.at].genialer letzter absatz... ;-)))