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Chuck Palahniuk beschäftigt sich in seinem neuen Roman "Lullaby" mit einem Wiegenlied der besonderen Art: "Wie entsorge ich auf sanfte Weise unliebsame Artgenossen".

Der erste Roman von Chuck Palahniuk, den ich gelesen habe, war "Fight Club", kurz nach dem ich den gleichnamigen Film im Kino gesehen habe. Damals war ich von dem Buch eher enttäuscht. Einige Zeit darauf habe ich zufällig wieder einen Roman von ihm entdeckt, nämlich "Invisible Monsters". Nachdem mich das Thema interessiert hat, beschloß ich, Palahniuk eine zweite Chance zu geben und das Werk gefiel mir ganz gut. Also habe ich dann auch noch "Survivor" gelesen, war auch nicht schlecht. Zum Fan wurde ich allerdings erst mit "Choke".

Fight club Invisible monsters Survivor Choke Lullaby diary

Urlaubslektüre

"Choke" habe ich im Urlaub in Griechenland gelesen und konnte gar nicht mehr damit aufhören. Die Idee sein Geld damit zu verdienen, beim Essen in Restaurants fast zu ersticken, sich retten zu lassen und anschließend seine Erretter abzuzocken, ist einfach genial. Danach habe ich schon gespannt auf das nächste Buch gewartet. Zirka ein Jahr später war es soweit, ich habe "Lullaby" in Händen gehalten.

Ein tötliches Wiegenlied

Auch bei diesem Roman ist die Idee, die hinter der Geschichte steckt genial. Man muß sich vorstellen, dass es ein Wiegenlied gibt, mit dem man jeden beliebigen Menschen töten kann. Wie soll das funktionieren?

Na einfach vor dem Schlafen vorlesen und der Rest erledigt sich von selbst. Oder wenn man besonders talentiert ist, wie der Romanheld Carl Streator, kann es auch ausreichen, den Text des Liedes gedanklich zu wiederholen und mit der gewünschten Person in Verbindung zu bringen. Wenn man für sich selbst überlegt, was für Missbrauchsvarianten man sich zu diesem Thema vorstellen könnte, hat man einen ersten Eindruck was sich da für Möglichkeiten anbieten. Dazu muss man aber noch hinzufügen, dass Palahniuk wahrscheinlich mehr Fantasie hat, als die meisten von uns.

Wie findet man so ein Lied?

Das Ganze beginnt mit einer Recherche über plötzlichen Kindstod, bei dem der Reporter Streator auf ein Wiegenlied stößt, das töten kann. Erst im Verlauf des Romans erfährt man, dass auch er selbst zu den Betroffenen gehört, die das Wiegenlied unabsichtlich ihrer Familie vorgelesen haben. Nach sehr "empirischen" Forschungen seinerseits findet er seine Theorie über das Wiegenlied bestätigt: Es kann Töten.

Also beschließt er, alles zu versuchen, um weitere Todesfälle zu verhindern. Nach und nach findet er auch andere Menschen, die mit der Funktion des Wiegenliedes vertraut sind. Gemeinsam mit einer Wissensgenossin, der Immobilienmaklerin Helen die nebenbei als Auftragskillerin arbeitet, ihrer Sekretärin Mona und deren Freund macht er sich auf, sämtliche Kopien auszuforschen und zu zerstören. Nebenbei würden sie gerne noch das legendäre "Buch der Schatten", das berühmte Werk über Hexerei finden. Das bei dieser Reise nicht alles so einfach funktioniert liegt auf der Hand.

Die Lust an der Macht

Das interessante an der Hauptfigur ist, wie er die Macht über Leben und Tod, die er durch das Wiegenlied erhält zuerst nach langem Zögern ausprobiert, dann versucht zu beherrschen und der er schließlich komplett erliegt. Er verfällt praktisch in einen Blutrausch ohne tatsächliches Blutvergießen. Von anderen Mitwissern seines Geheimnisses erhofft er vor allem eine Lösung, wie er damit umgehen soll. Die kann aber keiner bieten, da niemand der Versuchung widerstehen kann diese Macht einzusetzen.

Kann "Lullaby" mit "Choke" mithalten?

Ja, das Buch gefällt mir sehr gut. Es ist unterhaltsam, Carl Streators Spur zu folgen, und seine immer banaleren Gründe, warum jemand sterben muss, mitzuerleben. Auch die Ausflüge in andere magische Bereiche, wie Geisterhäuser, Liebesschwüre und was sonst noch alles vorkommt sind spannend und ziemlich gelungen. Allerdings muss Palahniuk aufpassen, dass seine Fantasie ihn nicht zu sehr mitreißt, da ihm seine Leser möglicherweise irgendwann nicht mehr folgen können. Palahniuk selbst sagt über "Lullaby": "It makes Fight Club look like Little Women."

Was kommt als Nächstes?

Die Frage kann ich demnächst beantworten. Das Nachfolgewerk "Diary" befindet sich schon in meinem Besitz und steht auf der Warteliste der zu lesenden Bücher ganz weit oben.

Lullaby Seit Ende Februar 2004 gibt es "Lullaby" übrigens auch auf Deutsch im Blanvalet Verlag.

Official Homepage: www.chuckpalahniuk.net

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