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Balram Halwai entstammt einer einfachen, indischen Familie. Sein Schicksal ist es, ein Dienstbote zu sein. Ist ein einziger Mord ein zu hoher Preis um diesem Schicksal zu entfliehen?

Aravind AdigaAravind Adiga erhielt für seinen Romanerstling The White Tiger den Man-Booker- Prize 2008. Die Entscheidung der Richter wurde folgendermaßen begründet: "The judges found the decision difficult because the shortlist contained such strong candidates. In the end, The White Tiger prevailed because the judges felt that it shocked and entertained in equal measure." (www.themanbookerprize.com). Der Roman polarisiert, da er ein Indien darstellt, das nichts mit Bollywood-Idylle gemeinsam hat. Er zeigt ein Land, das auf ein fast unüberwindbares Kastensystem aufgebaut ist. Die einzige Möglichkeit aus den unteren Kasten aufzusteigen ist Kriminalität und Bestechung.

Balram Halwai ist der Antiheld des Romans. Sein Vater möchte, dass er die Schule besucht und eine gute Ausbildung erhält, doch die Großmutter hat anderes mit ihm vor. Balram soll möglichst schnell Geld verdienen - im örtlichen Teehaus - genau wie sein älterer Bruder. Doch Balram hat eigene Pläne. Er setzt durch, dass er eine Ausbildung zum Chauffeur erhält. Durch Glück und Beharrlichkeit findet er schließlich einen Job bei einer der reichen Familien des Ortes. Schließlich begleitet er den Sohn des Hauses nach Dehli, wo Balram entscheidet, dass sein Aufstieg vom Stand des Dieners zu etwas Besserem ein Menschenleben wert ist. Am Ende des Romans besitzt Balram eine eigene Taxifirma mit mehreren Angestellten, ein Wohlstandsbäuchlein und Pläne für seine noch erfolgreichere Zukunft.

Balram ist keine sympathische Figur. Er verfolgt seine Ziele, schreckt nicht vor einem Mord zurück und überlässt seine Familie einem ungewissen Schicksal. Ihm ist klar, dass die Familie seines Opfers Rache an seiner eigenen Familie nehmen wird. Da er nur durch Bestechung seinen gesellschaftlichen Aufstieg gewährleisten kann, erkauft er sich die Freundschaft der Polizei, die ihm bei Problemen zur Seite steht. Kein Wunder, dass nicht alle Leser das im Roman gezeigte Indien sehen wollten, was den Autor aber nicht weiter stört: "Ich schätze, dass zwei Drittel der Rezensionen positiv und ein Drittel negativ sind. Einige Menschen waren wirklich verärgert, was mich am meisten gefreut hat. In Indien mit seinen massiven Problemen ist nur ein Buch, das verärgert ein gutes Buch. Ich bedaure also nur, dass sich nicht noch mehr Menschen über meinen Roman aufregen." (ws4.orf.at). In Indien war das Buch trotzdem ein Erfolg, wenn auch ein großer Teil der Exemplare in Form von Raubkopien den Markt überschwemmten, was in diesem Fall ja irgendwie passt.

Auch die Form des Romans ist ungewöhnlich. Balram erzählt von seinem Leben durch Briefe, die er an das Büro eines chinesischen Ministers abschickt, damit dieser etwas über das wahre Indien erfährt. Als Pseudonym für diese Briefe benutzt er den weißen Tiger: Ein Tier, das es nur selten gibt und das aus seiner Art schlägt, genau wie der Antiheld des Romans. Aravind Adiga ist jedenfalls ein interessanter, kritischer, aber trotzdem unterhaltsamer Roman über ein modernes Indien gelungen, wie es viele Leser noch nicht kennen. Natürlich hat der gewonnene Booker-Prize noch für zusätzliche, auch internationale Aufmerksamkeit gesorgt. Das nächste Werk des Autors ist bereits geplant, man darf gespannt sein, welchen Themen er sich diesmal widmet.

The White Tiger - Aravind AdigaWeitere Infos:
www.aravindadiga.com
www.bookbrowse.com
diepresse.com/</a